Das Komitee «Axen vors Volk» warnt davor, dass der Axenausbau den Verkehr auf der H 8 ansteigen lassen werde – weil diese für Lastwagen noch attraktiver würde.

Seit 1997 fährt Erwin Lötscher – mit einem Unterbruch von fünf Jahren – täglich von Schwyz nach Rothenthurm mit dem Auto zur Arbeit. Zu den Hauptverkehrszeiten habe der Verkehr auf dieser Strecke, insbesondere die Anzahl schwerer Lastwagen, extrem zugenommen, sagt der Schulleiter der Primarschule Rothenthurm. «Bereits ab halb sieben Uhr in der Früh fahre ich heute meistens in der Kolonne nach Rothenthurm, ebenso stark ist der Verkehr auf der Gegenfahrbahn.
Ab 16.30 bis 18 Uhr ist es dasselbe Bild.» In diesen Hauptverkehrszeiten seien auch die Schülerinnen und Schüler von Rothenthurm unterwegs zur Schule oder nach Hause. «Nach wie vor haben wir als Schutz und Wegbegleitung über die Hauptstrasse die Verkehrslotsen im Einsatz, welche vor und nach dem Unterricht für die Sicherheit beim Überqueren der Hauptverkehrsachse besorgt sind.» Erwin Lötscher befürchtet, dass der Ausbau der Strasse am Axen den Verkehrsstrom auf der H 8 noch weiter ansteigen lassen wird: «Vor allem wird es dann auch für die grossen Brummer noch attraktiver werden, diese Nord-Süd-Achse zu nutzen.»

Kanton dementiert

Die H 8 zerschneidet das Dorf Rothenthurm in zwei Teile. Das Verkehrsaufkommen ist hoch: An der Zählstelle Sattel wurde im Jahre 2013 ein durchschnittlicher täglicher Verkehr von 10 400 Fahrzeugen gemessen. Die Gegner des Axenausbaus argumentieren, dass ein Ausbau am Axen zusätzlichen Verkehr auf der H 8 zur Folge haben werde. «Die Strecke wird schon heute als Transitstrasse benützt und wird durch einen Ausbau der Axenstrasse insbesondere für Lastwagen noch attraktiver», sagt Andreas Marty, SP-Kantonsrat und Co-Präsident des Komitees «Axen vors Volk».

Der Schwyzer Kantonsingenieur Daniel Kassubek sieht das anders. Er argumentiert, dass der Automobilist ökonomischen Grundsätzen folge. Das heisst, er frage sich, wie er am schnellsten und billigsten zum Ziel gelange. «Beim Axenprojekt wird weder an der Länge der Fahrstrecke noch an der Fahrzeit etwas grundsätzlich geändert. Somit wird sich das Einzugsgebiet nicht verändern und dadurch auch kein Zusatzverkehr generiert.» Der Hauptverkehr werde weiterhin westlich auf der Westumfahrung Zürich oder östlich auf der A 53 Richtung San Bernardino um den Zürichsee herumfahren und dadurch die H 8 nicht mehr belasten.

Flaschenhals «Rophaien»

Andreas Marty kann dieser Argumentation gar nichts abgewinnen. Zwar stimme es, dass sich durch den Ausbau am Axen die Streckenlänge nicht verkürzen würde und die Fahrzeit bloss zwischen 1 bis maximal 2 Minuten gesenkt würde. Aber der Komfort der Axenstrecke würde eindeutig verbessert: «Durch den Ausbau werden dort zwei Strassen den Verkehr aufnehmen. Vor allem aber wird die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h viel regelmässiger gefahren werden können. Die Strecke wird interessanter, sonst würden sich die Investitionen von 980 Millionen doch nicht rechtfertigen lassen.»

Andreas Bamert vom VCS Schwyz macht auf einen zusätzlichen Aspekt aufmerksam. Gemäss den aktuellen Plänen soll beim Axen das Teilstück Rophaien nicht ausgebaut werden. Dort bleibt demnach eine Art Flaschenhals bestehen. Andreas Bamert ist sich aber sicher, dass früher oder später auch für diesen Abschnitt Ausbauforderungen gestellt werden. «Das kann mit der Situation am Gotthard verglichen werden. Bundesrat Leuenberger hatte vor Jahren versprochen, dass dort mit Sicherheit kein zusätzlicher Ausbau in Frage komme. Die Realität hat diese Aussage in der Zwischenzeit schon längst eingeholt. » So oder so ist für Andreas Bamert klar, dass ein ausgebauter Axen die H 8 für den Transitverkehr aus dem Raum Ostschweiz attraktiv werden lässt.

Neue Benutzungsanreize

Andreas Marty betont, dass auch das Komitee «Axen vors Volk» für eine Sanierung der Axenstrasse mit einem Bau eines separaten Radstreifens und einer Kurzumfahrung von Sisikon einstehe. «Alles Weitere ist jedoch verlochtes Geld und die Ursache für noch mehr Transitverkehr Richtung Süden.» Auch der Rothenthurmer Gemeindepräsident Stefan Beeler (SVP) teilt die Befürchtungen. Er kann sich vorstellen, dass die Gemeinde Rothenthurm deswegen beim Kanton oder beim Bund vorstellig werden wird. Diesbezüglich sei aber noch nichts beschlossen worden: «Wir müssen das weitere Vorgehen zuerst im Gemeinderat besprechen.»

Klaus Zweibrücken, Verkehrsplaner an der Hochschule für Technik Rapperswil, erklärt auf Anfrage, dass er über die konkrete Problematik H 8 nicht Bescheid wisse. Generell könne man aber sagen, dass jede Investition in die Strasseninfrastruktur darauf abziele, Komfort- oder Sicherheitsverbesserungen für die Strassennutzer zu erzielen: «Mit solchen Verbesserungen wird immer, gewollt oder ungewollt, ein Anreiz zur Benutzung der entsprechenden Strasse gesetzt, was aus einer generellen Sichtweise nicht den Zielen einer nachhaltigen Mobilität entspricht.»

Umfahrung Schindellegi gefordert

Martin Wipfli (FDP), Gemeindepräsident von Feusisberg, geht ebenfalls davon aus, dass ein Ausbau der Axenstrasse Mehrverkehr auf die H 8 lenken wird. «Selbstverständlich sind Lärm und Abgase ein Thema in Schindellegi. Gerade deshalb fordert der Gemeinderat von Feusisberg eine Umfahrung von Schindellegi mit einem Tunnel.» Diese Forderung bestehe bereits seit 30 Jahren. Für Martin Wipfli wäre es wünschenswert, wenn die H 8 generell nicht durch die Dörfer geführt würde. Andreas Bamert vom VCS bezeichnet die Vorstellung, dass die Dörfer an der H 8 durch Umfahrungen vom Durchgangsverkehr befreit werden könnten, als illusorisch: «Dazu wird es in den nächsten 50 Jahren rein schon aufgrund der finanziellen Situation der öffentlichen Hand nicht kommen.»

 

Zentralschweiz am Sonntag
Carlo Schuler

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