Zur Axen-Initiative

Ich möchte zu einem vielleicht ungewohnten Gedankenspiel einladen: Eigentlich handelt es sich bei Gemeinden, Bezirken, Kantonen und der Eidgenossenschaft doch auch um kleinere oder grössere Unternehmungen. Und diese Unternehmungen gehören allen Bürgerinnen und Bürgern, Ihnen und mir. Deshalb dürfen wir ja immer wieder bei Abstimmungen unsere Meinung zu allerlei Sachfragen äussern. Viel weiter kann die Mitsprache jeder einzelnen Person aus verständlichen Gründen nicht gehen. Solche Unternehmungen brauchen allerdings auch Führungskräfte. Die findet man nicht durch Inserate, sondern die Parteien schlagen Frauen und Männer aus ihren Reihen für die Übernahme solcher Aufgaben vor. Diese Leute tun uns kund, dass sie sich für die Aufgabe bestens geeignet fühlen und sich dazu verpflichten, die Mehrheitsmeinung ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu achten und bei der Umsetzung von Vorhaben zu berücksichtigen. Diese Menschen, Politikerinnen und Politiker, werden für ihre Arbeit von uns allen finanziell entschädigt, sie sind Volksvertreter, betrachten sich hoffentlich als Diener an der Gemeinschaft.

In Bezug auf den Bau des Axen-Tunnels gehen die Meinungen unserer Volksvertreter allerdings extrem auseinander: Da gibt es rechte und linke «Berner» Parlamentarier aus unserem Kanton, die sich kritisch zum Tunnelbau geäussert haben. Der Kantonsrat, auch Vertreter von uns, dem Volk, hat sich zweimal gegen den Bau des Axen-Tunnels ausgesprochen. Der Regierungsrat, ebenfalls von uns gewählte Volksvertreter, befürwortet den Tunnel und gibt dem Kantonsrat zu verstehen, er hätte zu der Sache sowieso nichts zu sagen. Der Bundesrat wolle das Loch, es sei nun mal so, und fertig! Und alle sind sie von uns gewählt, haben das zu vertreten, was die Mehrheit der Bevölkerung will.

Bloss hat man uns in dieser Sache noch nie um unsere Meinung gebeten. Jetzt müssen halt wir Bürgerinnen und Bürger durch Unterzeichnung der Initiative dafür sorgen, dass endlich ermittelt werden kann, was die Mehrheit der Kantonsbürger denn eigentlich will. Denn der Axen ist nicht gratis zu bekommen: 60 Millionen in erster Konsequenz. Und da die heutige Axenstrasse ihren Status als Nationalstrasse verlieren würde, dürften wir für Ausbau, Unterhalt, Ersatz von alten Galerien usw. anschliessend weitere Millionen hinblättern, Sie, ich, wir alle. Und das zu einem Zeitpunkt, wo es um unsere Kantonsfinanzen schlecht steht, wo pro Kopf aber netto 993 Franken in den eidgenössischen Finanzausgleich eingezahlt werden müssen. Der Kanton Uri kann den Beitrag an seine Tunnelröhre begreiflicherweise besser verkraften, erhält er im Finanzausgleich doch als Nehmerkanton netto 2505 Franken pro Kopf aus dem Lastenausgleich.

Wenn ich dann in der Zeitschrift «Auto Bild» lese, die gelobte direkte Demokratie sei möglicherweise doch nicht die beste Staatsform, denn jetzt würden so ein paar Bergbewohner sich per Initiative gegen einen naturfreundlichen Tunnel wehren, und das im reichen Kanton Schwyz, wenn ich das lese, dann kommt mir die Galle hoch. Womöglich sitzt dieser Redaktor auch noch in einem der 17 (!) Finanzausgleichs-Nehmerkantone.

 

Urs Lengen, Brunnen
Quelle: Bote der Urschweiz

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